19302005
Pension Piepenhoeker - Wellness für Körper, Geist, Seele & Pfeife
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Kapitel 3



Wie ist die momentane Situation ?
 

Schiffe fahren unterbesetzt, überbeladen und unterversichert.
Von ca. 100 000 fahrenden Einheiten entspricht nur ein geringer Prozentsatz
den national und international vereinbarten Gesetzen, Verordnungen,
Verpflichtungen, Abkommen, Übereinkommen, usw.

Sie transportieren neben Konsumgütern Bomben und Raketen,
Waffen und Munition,
Giftmüll und höchst toxische Chemikalien.

Das Personal ist unterbezahlt und überfordert.

Die Situation ist für deutsches Führungspersonal unerträglich !

Es in der Öffentlichkeit auch noch so darzustellen,
als sei das für die Schiffsunfälle ursächliche "menschliche Versagen"
das Versagen der deutschen Führungskräfte,
die sich aus unerfindlichen Gründen ihren Reedern gegenüber immer noch
loyal verhalten, ist der Gipfel an Impertinenz.

Es ist aber nicht nur das menschliche Versagen,
das zu den Schiffshavarien und Umweltkatastrophen führt sondern auch das

- technische Versagen
- Naturkatasprophen
- die Unfähigkeit des Menschen,
die an Bord installierte technische Gigantomanie zu beherrschen.

Naturkatastrophen werden sich nie ausschalten lassen.
Sie haben aber in den vergangenen Jahrzehnten an Heftigkeit,
Häufigkeit und Umfang zugenommen.
Der anthroprogene Einfluß auf diese Entwicklung gilt in der seriösen
Wissenschaft als gesichert und meine praktischen Erfahrungen aus der
Wetternavigation in der Seefahrt bestätigen das.

Technisches Versagen wird sich auf Seeschiffen ebenso wenig ausschließen lassen
wie Naturkatastrophen, denn Schiffe stehen nicht in Entwicklungslaboratorien.
Sie sind allen Naturgewalten ausgesetzt, begleitet von permanenten Erschütterungen, Vibrationen und stetigem klimatischen Wandel (Temperatur, Luftfeuchte,etc.)

Das führt zwangsläufig zu Materialermüdung und -verschleiß.
Alle Versuche, wie auch immer, das technische Versagen in den Griff zu bekommen,
sind bis heute fehlgeschlagen.
Hier demonstriert die Technologiehörigkeit der Schifffahrttreibenden
auf erschütternde Art und Weise ihre Bedeutung.

Die Verantwortlichen sind kräftig dabei, ihren - sich loyal verhaltenden -
Schiffsbesatzungen permanent in den Hintern zu treten
und der technischen Industrie ihr volles Vertrauen zu schenken.
Begründet ist dieses Fehlverhalten meines Erachtens u.a. in dem Dauerbeschuss
der werbenden technischen Industrie, die nicht müde wird, die Unfehlbarkeit
ihrer High-Tech-Produkte feilzubieten und den Schifffahrttreibenden immer
weitere Kostensenkungsmöglichkeiten (Personalkosten) verspricht.

Die durch den Gesetzgeber geschaffenen Möglichkeiten durch
- technologische Innovation
- Zusatzregister
- Ausnahmegenehmigungen
Personal einzusparen
nötigte die Schifffahrttreibenden sich Voraussetzungen zu schaffen,
Personal wegrationalisieren zu können.
Das Stammpersonal wurde zum größten teil mit äußerst dubiosen Mitteln
weggegrault (anders kann ich das beim besten Wissen nicht bezeichnen),
neue Arbeitnehmer erhielten nur befristete Zeitarbeitsverträge,
damit sie niemals in den Genuß des Kündigungsschutzes gelangen.

Aus der Tarifgemeinschaft stiegen die meisten Reeder aus.

Bei den Verhandlungen um einen dieser befristeten Zeitarbeitsverträge,
in einem Einstellungsgespräch, in dem ich versuchte
wenigstens in die Nähe eines geltenden Heuertarifs zu kommen,
wurde mir geantwortet:
"Sie wissen doch wie die Situation in der Seefahrt ist.
Für Ihre Gehaltsvorstellungen können wir doch drei Philippinos bekommen.
Warum leben Sie eigentlich nicht auf den Philippinen -
da wäre Ihnen doch mit unserem Gehalt ein hoher Lebensstandard möglich ?!"

So ein Angebot an einen deutschen Kapitän - einen deutschen Jungen,
der vor dem Stimmbruch im Kirchenchor und im Schulchor gesungen hat,
der im Gymnasium im Schulorchester Geige gespielt hat,
der jahrelang beim Bund deutscher Pfadfinder jeden Tag eine gute Tat vollbrachte,
der sein Patent mit Auszeichnung und Buchpreis gemacht hat ...

... ich denke jeder weitere Kommentar erübrigt sich.

Meine befristeten Kollegen konnten dann nach Ablauf ihres
Zeitarbeitvertrages gehen - der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan -
egal wie gut man seinen Job gemacht hatte, frei nach dem Motto:

Wir brauchen jeden nur einmal über den Tisch ziehen,
dann haben wir auch Personalkosten gespart.

Ob diese Entwicklung letztendlich betriebswirtschaftlich Sinn macht
untersuche ich an dieser Stelle nicht - aber ich habe berechtigte Zweifel.
(Die Schifffahrttreibenden sind Versicherte und Versicherer zugleich).



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